(DJB) Die Jagd erlebt einen Aufschwung! Es ist deutlich zu vernehmen, unsere Gemeinschaft wächst, die Jägerschaft wandelt sich. Sowohl die gesellschaftliche als auch geschlechtliche Zusammensetzung unserer Gemeinschaft hat in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung erfahren, welche auch Auswirkungen auf unsere Aus- und Weiterbildung mit sich führen sollten.

Die kürzlich veröffentlichten Zahlen des DJV sprechen eine deutliche Sprache, in Deutschland gibt es so viele Jagdscheininhaber wie noch nie. 381.821 Deutsche besaßen im Jagdjahr 2015/16 einen Jagdschein, dies sind ca. 70.000 mehr Jäger als wir kurz nach der Wiedervereinigung hatten. Der Anteil der Frauen wächst stetig und beträgt zurzeit sieben Prozent. Der Anteil der Frauen bei  Jagdkursen beträgt 20 Prozent, was darauf schließen lässt, dass der Anteil der Jägerinnen in den nächsten Jahren weiter zunehmen könnte.

Wer sind diese neuen Jäger?

Die Jagdschulen in Deutschland boomen, der Anteil von Jägern, welche die Jagd nur aus der Großstadt heraus betreiben nimmt deutlich zu. Der Artikel in der FAZ macht es deutlich, Jagd ist modern. Jagd ist Erholung. Jagd ist Bio. Kurz gesagt, Jagd ist für viele ein ausgezeichneter Ausgleich zum stressigen Alltag.

Wir leben in einem freien Land und daher ist dieser Trend auch vollkommen legitim, nicht jeder kann seinen Tag gänzlich der Jagd widmen. Und für viele der „neuen“ Jäger ist und bleibt die Jagd Passion und kein Hobby, auch wenn sie diese nur eingeschränkt ausüben können. Nichtsdestotrotz wirft dieser Trend negative Schatten auf unsere Passion voraus welche wir im Folgenden beleuchten wollen.

Fehlende Vorbildung

Wir haben es Eingangs bereits erwähnt, sehr viele Städter, darunter auch Mitglieder aus unserem Team, kommen ohne gänzliche Vorbildung und Prägung zur Jagd. Dies alleine stellt keine Gefahr dar, da durch persönliches Engagement, Fleiß und eifriger Weiterbildung selbst in Kompaktkursen gute Jäger ausgebildet werden können. Vorausgesetzt die Schüler bleiben auch nach dem Kurs am Ball und bilden sich stetig weiter bzw. halten ihr Wissen aufrecht.

Übung macht den Meister

Jagen lernt man im Endeffekt nur durch Jagen. Und hier ist die eigentliche Krux begraben. Der Mensch lernt durch Fehler und Beispiele. Motorische Fähigkeiten eignet er sich ausschließlich durch Wiederholung eines Ablaufes an. Ein hoher Ausbildungsstand erfordert viel Übung, wenn dieser jedoch einmal erreicht wurde, kann dieser vergleichsweise einfach beibehalten werden. Periodisch gesetzte Trainingsreize reichen oftmals aus, um das Ausbildungsniveau auf einem brauchbaren Level zu halten.

Wie generiert nun der Jäger ein praxistaugliches Schießniveau? Vor wenigen Jahrzehnten war diese Frage recht einfach zu erklären. Eine frühe Mitgliedschaft im Schützenverein oder der Jägerschaft in Verbindung mit dem Wehrdienst haben für die fast ausschließlich aus Männern bestehende Jägerschaft ausgereicht, um solide mit Kimme und Korn umgehen zu können. Die intensive Ausübung der Passion Jagd hat ebenfalls dazu beigetragen, dass das verwendete Schießhandwerk ständig in Übung gehalten wurde.

Wie sieht es heute aus? Nach Aussetzung der Wehrpflicht und der fast schon dogmatischen Weigerung unserer Jugend körperliche Aktivitäten abseits der digitalen Welt auszuüben führen dazu, dass für ein Großteil der erwachsenen Jungjäger der Jagdkurs die erste Berührung mit einer Waffe darstellt.

Man muss kein Schießlehrer sein um zu der Erkenntnis zu kommen, dass dieser Personenkreis im Zuge einer jagdlichen Schießausbildung nur unzureichend auf die jagdliche Schießpraxis vorbereitet werden kann. Mehr als einen kurzen Einblick in die Schießlehre und Schießtechnik sowie die Vermittlung von Sicherheitsregeln kann in der Kürze der Zeit, egal ob beim Kompaktkurs oder klassischem Jagdkurs in der Jägerschaft, nicht realisiert werden. Auch wenn die heutige Waffentechnik in Kombination mit modernen Optiken das Schießen so einfach macht wie noch nie, bereitet die jagdliche Schießausbildung mit der Büchse den Jungjäger nur auf eine sehr begrenzte Auswahl von Schießsituationen vor. Man schießt ausschließlich in einem „Windkanal“ mit sehr begrenzten Witterungseinflüssen auf eine stetige Distanz von 100 Metern. In einigen Bundesländern zählt nicht mal der laufende Keiler zur „Pflichtlektüre“ und wird somit auch nicht im Kurs behandelt.

Praxisuntauglichkeit der Ausbildung

Gediente unter den Lesern wird das Motto „Train as you fight“ sehr bekannt vorkommen und auch wenn zugegebenermaßen das Gegenüberstehen mit dem Feind in einem Feuergefecht eine andere Situation als die Begegnung mit Schwarzwild an der Kirrung darstellt, hat der Satz auch in der Jagd seine Gültigkeit.

Wie oft schießen Jäger daneben, nicht weil sie dem Jagdfieber unterlegen, sondern weil sie die Situation falsch eingeschätzt oder kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben. Mucken, Verreißen, Kurzdistanzschüsse von Hochsitzen oder freihändige Schüsse auf mittlere Distanzen sind da nur einige wenige Fehler und unübliche Schießsituationen, welche in der Jagdpraxis immer wieder auftreten.

Veraltete Infrastruktur

Ein sollte nicht missverstanden werden, es geht hier nicht darum die Schießfertigkeiten unserer Zunft zu kritisieren, Ganz im Gegenteil, die große Masse investiert sehr viel Geld in Munition, Übung und Weiterbildungen, um so die eigenen Fähigkeiten praxistauglich zu halten. Vielmehr geht es bei der Kritik darum, dass diesen Bemühungen eine gnadenlos veraltete Infrastruktur gegenübersteht. Außer dem langsamen Aufkommen von Schießkinos, in welche ein sehr großer Teil der Jägerschaft noch nie einen Fuß durch die Tür gesetzt hat, hat sich in unserer jagdlichen Ausbildungsinfrastruktur wenig getan. Dabei stellen Schießbahnen mit variablen Distanzen und unterschiedlichen Schusshöhen nun wahrlich keine große Herausforderung dar. Daher sollte die Modernisierung der jagdlichen Schießausbildung ein vordringliches Thema in den Sitzungen der Jagdverbände darstellen.

Fazit

Eben genau solche Bahnen würden uns eine realistischere Vorbereitung aufs Revier ermöglichen. Und genau hier kommen wir wieder zum Beginn unseres Beitrages, ein großer Teil der neuen Jäger braucht diese Vorbereitung. Und wir brauchen diese Jäger, jeden einzelnen, wenn wir wollen, dass die Jagd auch weiterhin seinen festen Platz in unserem Alltag hat! Unsere Gesellschaft wandelt sich, immer mehr Menschen leben in Ballungsräumen, unzählige Vereinigungen und Interessengemeinschaften investieren viel Zeit und Mühe um die Jagd in Misskredit zu bringen oder diese einzuschränken. In solchen Zeiten müssen wir jeden Einzelnen freudig in unserer Mitte aufnehmen und diesen als positiven Multiplikator und als Sprachrohr für die Jagd in der Öffentlichkeit verstehen.