Immer wieder hört man davon, dass große Hirsche und sogar Elche mit kleinen Kalibern zuverlässig erlegt werden. Unser Pächter konnte dieses Jahr einen starken Schaufler mit einer 6,5×57 strecken. Wie kommt das? Nach einigen Berichten befreundeter Jäger und zahlreichen Emails unserer Leser wollen wir diese Frage versuchen zu beantworten.

Artikel zu Kaliberwahl und Jagdmunition haben wir in dieses Jahr schon mehrfach veröffentlicht. Dabei konnten wir einerseits aufzeigen, dass das Kaliber richtig auf die Jagdart abgestimmt sein sollte und haben Empfehlungen für Universalkaliber gegeben. Auch hat uns der Gastautor C. Pirker bereits erklärt, wie die Schwächen einiger Kaliber durch die richtige Geschosswahl auszugleichen ist. Wir haben ebenfalls erklärt, wieso das Kaliber nicht zwingend einen Einfluss auf die Tötungswirkung haben, und haben auch die Treffgenauigkeit als einen entscheidenden Faktor herausgestellt. Ein wesentlicher Faktor dafür war, dass die Patrone auch zur Waffe passen muss, was wir nochmals deutlich ansprechen wollen.

Unabhängig jeglichen Kalibers, muss ein Geschoss immer im Wildkörper wirken, um die gewünschte Zielballistik und Tötungswirkung zu erzielen. Allein die ballistischen Daten, die man auf der Verpackung findet, sagen in der Regel wenig über die Eignung der jeweiligen Munition aus. Zum Einen muss man die Präzision im Zusammenhang mit der Waffe sowieso testen, um die Angaben auch zu überprüfen. Dies gestaltet sich in der Praxis natürlich recht schwierig, da die wenigstens Jäger Zeit haben verschiedene Munitionssorten ausgiebig zu testen und dann eine Entscheidung zu fällen. Zum Anderen muss mann auch in der Lage sein das Kaliber zuverlässig präzise zu schießen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es Schützen schwerer fällt mit starken Kalibern sicher zu treffen. Dies konnten wir auch beim Testschießen mit Hermann Rosenberg für das Magazin Jäger im Frühjahr 2014 aufzeigen. Da die Treffpunktlage einen großen Einfluss auf die erwünschte Zielballistik hat, spricht dies pauschal für ausgewogene Patronen und kleinere Kaliber.

Geschosse müssen wirken

Ist der Treffersitz nicht so optimal, muss die Wirkungsweise des Geschosses dafür sorgen, dass das Stück dennoch zur Strecke kommt. Dies kann grundsätzlich durch zwei Vorgänge geschehen. Erstens spielt natürlich das Außmaß der Verwundung, insbesondere lebenswichtiger Organe eine wesentliche Rolle. Dennoch bedeutet dies nicht, dass bei einem Kammertreffer das Stück auch sofort im Feuer liegt. Fluchten können selbst in diesen Fällen auftreten.

Zweitens kann die Schockwirkung das Stück stoppen und an Ort und Stelle binden. Diese Schockwirkung wirkt auf das zentrale Nervensystem. Sie kommt dadurch zu Stande, dass die Energie in Form einer Druckwelle auf den Wildkörper abgegeben wird. Diese Druckwelle ist es auch, die mehr Gewebe zerstört, als die eigentliche Geschossmasse. Die Druckwelle und ihre Ausbreitung ist maßgeblich von der Auftreffgeschwindigkeit abhängig. Im Gegensatz zur abgegebenen Gesamtenergie in Joule bildet dabei das Geschossgewicht eine nur untergeordnete Rolle. Die Entfaltung der Druckwelle ist maßgeblich davon abhängig, wie ein Geschoss im Wildkörper anspricht. Von dieser Druckwelle ist auch der Wundkanal direkt betroffen, der im Wildkörper gerissen wird. Trifft diese Druckwelle nun auf die Nervenende des zentralen Nervensystems erleidet das Stück einen Schock und fällt um. Die Wahrscheinlichkeit ist dort größer, je näher sich die Treffpunktlage zum Rückenmark hin verlagtert.

Dennoch bedeutet dieser Schock des Zentralnervensystems nicht automatisch den Tod. Dieser tritt davon losgelöst ein, indem die Blutzufuhr im Gehirn gestoppt wird. Dieser Vorgang ist unabhängig vom Schockeffekt zu betrachten. Reicht der Schockeffekt nicht aus, obwohl das Stück tödlich getroffen wurde und lebenswichtige Organe und Blutgefäße zerstört wurden, tritt damit der Tod erst zu einem späteren Zeitpunkt ein. Bis zum Eintritt des biologischen Todes wird das Stück daher flüchten.

Gewünschte Wirkungseffekte

Aus den oben genannten Gründen ist es also sehr dienlich, wenn zusätzlich zu Treffpunktlage, Energieabgabe, Tiefenwirkung, Wundkanal, Ausschuss, usw. eine sich schnell entfaltende Druckwelle zum Schock des zentralen Nervensystems entsteht. Bei diesen Vorgängen kann festgestellt werden, dass in der Regel leichtere Geschosse der gleichen Munitionssorte im gleichen Kaliber deutlich bessere Effekte erzielen. Die leichteren Geschosse, gleichen Kalibers sprechen häufig im Wildkörper schneller an, was unter anderem an den höhen Geschwindigkeiten. Die höheren Auftreffgeschwindigkeiten erzielen diese Effekte vor allem über 700 m/s. Vor allem kann man dies bei Solids beobachten, die jeweils unter 10g schwer mit hoher Auftreffenergie sehr schnell ansprechen und wirken.

Gleiches konnte auch Christoph Pirker mit den 9g EVO Green von RWS feststellen, die selbst Sauen von 80kg und 100kg direkt streckten. Auch konnten diese Effekte beim Rehwild im Vergleich zwischen den Kalibern bestätigt werden, indem die Fluchtstrecken bei den verwendeten .270 WIN EVO Geschossen wesentlich kürzer waren, als bei .308 WIN EVO Geschossen. Insgesamt erreichten uns zum Kaliber .270 WIN mehrere Berichte, dass 130 grain Geschosse wesentlich bessere Effekte erzielten, als die schwereren Geschosstypen.

Neben der grundsätzlichen Geschosskonstruktion und der Wirkungsweise entscheidet damit auch die Geschwindigkeit eines Geschosses im Ziel über die gewünschte Zielwirkung. Bei leichteren Geschossen ist die Zielgeschwindigkeit und die damit verbundene wirksame Distanz in der Regel höher. Das kann somit besser ansprechen.

Damit wäre eine Erklärung geliefert, warum viel nicht immer gleich viel helfen muss und auch kleine leichtere Kaliber bei zuverlässigen Geschwindigkeiten sehr gute Ergebnisse erzielen und damit zu Recht bei Jägern immer mehr Zuspruch finden.