(WG) Wie jedes Jahr aufs Neue nutzt die große Masse der Hersteller die Messe in Nürnberg, nicht nur um sein verbessertes Sortiment zu präsentieren, sondern auch Weltneuheiten aus dem Jagd- und Schießsportbereich zu zeigen. Eine Reizüberflutung für interessiertes Fachpublikum ist vorprogrammiert, somit sind wir auch dieses Jahr mit vielen Eindrücken von der Messe gekommen die wir Ihnen in einem gesonderten Artikel am kommenden Wochenende präsentieren werden. Diesen Beitrag möchte ich dazu nutzen, um eine allgemeine Beobachtung auf der Messe wiederzugeben und diese anhand zwei kleinen Beispielen zu belegen.

Premiumhersteller zieht euch warm an!

Lange Zeit war es wie ein Naturgesetz in den Stein gemeißelt, wer Qualität haben will muss Geld in die Hand nehmen und Waffen bei Blaser, Mauser, Sauer und Co. kaufen. Als Optik kamen nur Leica, Svarowski und Zeiss in Betracht. Taugliche Bekleidung gab es nur bei Härkila, Chevalier und Konsorten. Dieses „Naturgesetz“ kommt immer stärker ins Wanken. Die vermeidliche zweite oder vielleicht sogar dritte Garde hat deutlich aufgeholt. Während die Premiumhersteller weiterhin ausgezeichnete Qualitätsprodukte zu einem sehr hohen Preis liefern, haben es die Hersteller aus dem Mittelpreissegment (Browning, CZ, Minox, Steiner, Deerhunter, …) geschafft ihre Produkte deutlich in Qualität und Leistungsvermögen zu verbessern. Diese Steigerung ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass die höhere Qualität bei gleichbleibend niedrigen Preisen erreicht wird. Wenn der Trend so weitergeht, dann werden Premiumhersteller deutliche Argumentationsschwierigkeiten bekommen, wieso Kunden weiterhin den deutlichen Preisaufschlag für ihre Produkte zahlen sollen. Da müssen schon Innovationen her, ähnlich dem neuen ZF von Svarowski her (dazu mehr in dem Folgeartikel), um die hohen Preise weiterhin durchsetzen zu können. Wobei die knapp 4.000 Euro für das neue Svarowski Glas schon eine gewaltige Hausnummer ist, für viele Normalsterbliche Jäger wird dieses Glas wohl bei dem Preis niemals erschwinglich werden.

CZ 550 Safari Classics II

Der tschechische Waffenhersteller, bekannt für seine Jagdwaffen im Einstiegssegment, hat seiner 2005 vorgestellten und auf einem 98er System basierenden CZ 550 Safari Classics Büchse eine Frischkur verpasst. Die für die „Big-Five“ ausgelegte Büchse in den bekannten Afrikakalibern (.404 Jeffery, .416 Rigby, .300 H&H Mag., .375 H&H Mag., .485 Lott) wurde unter Anwesenheit der kompletten Programmverantwortlichen in einer eigenen Pressekonferenz vorgestellt. Das neue Modell wird nun komplett im eigenen Werk gefertigt und bekommt nach einer maschinellen Vorfertigung ein händisches Finish. Am CZ Stand konnte man sich selbst von dem daraus resultierenden Ergebnis überzeugen. Ein dermaßen spielfreies und butterweiches Repetieren von Serienprodukten kennt man eigentlich nur von den bekannten Premiumhersteller aus dem deutschsprachigen Raum. Der Abzug bricht glasklar, der Schafft wird ebenfalls im Werk selbst gefertigt, als Material wird hochwertiges Walnussholz aus der Türkei genutzt. Der Schafft kann sowohl in einem matten als auch einem ölig glänzenden Finish geordert werden.

CZ 550 SAFARI CLASSICS II

Wer sich in Deutschland eine dieser Safari-Büchsen zulegen möchte, kann diese bei den bekannten Partnern (AKAH und Frankonia) in Kürze bestellen. Da die Waffen erst auf Bestellung individuell nach Kundenwunsch gefertigt werden, sollte mit Lieferzeiten von min. 2-3 Monaten, je nach Auftragslage auch darüber hinaus, gerechnet werden. Der Preis ist abhängig von der gewünschten Ausstattungsvariante, soll sich aber nach Angaben des Programmmanagements im Bereich von +/- 5.000 Euro bewegen.

Ob diese Waffe an Premiumsafaribüchsen deutscher Edelmarken herankommt, bzw. wie weit die Distanz zwischen den Produkten ist, werden nur Experten der Afrikajagd sagen können. Die Waffe macht es aber deutlich, dass oftmals als „Billighersteller“ verschriene CZ deutlich an Fertigungsqualität und Knowhow zugelegt hat.

MINOX BL 8×56 HD

Wir haben die Vorgängerversion das Minox BL 8×56 erst vor kurzem über mehrere Monate getestet und unsere Ergebnisse in einem vor zwei Wochen veröffentlichten Beitrag niedergeschrieben. Bereits in dem Test ist uns aufgefallen, dass das Nachtglas sehr viel Leistung für seinen vergleichsweise geringen Preis bietet. Das Glas wird weiterhin in Deutschland produziert, wurde aber im Design komplett überarbeitet.

Die neue offene Brücke, von Minox als Komfortbrücke bezeichnet, liefert eine deutlich verbesserte Griffigkeit. Die Griffigkeit des alten Models war bereits sehr gut, mit der neuen Form liegt das Glas aber merklich „natürlicher“ in der Hand. Damit folgt der Hersteller aus Wetzlar dem Trend, welcher vor einigen Jahren durch die Premiumhersteller eingeschlagen worden ist.

MINOX BL 8x56 HD

Neben der Form wurde auch an den Gläsern gearbeitet. Die Vergütung wurde verbessert, wodurch nach Herstellerangaben einige zusätzliche Prozentpunkte mehr Lichttransmission aus dem Glas gekitzelt und eine besserer Kontrast erreicht werden konnte. Das Bild ist auf allen Ebenen klar und scharf. Das Sehfeld beträgt 136m und die Augenmuscheln lassen sich nun in mehreren Stufen ausfahren und sind somit individueller einstellbar. Was insbesondere Brillenträger freuen sollte. Nach Registrierung bei Hersteller bietet Minox 30 Jahre Garantie gegen Hersteller- und Funktionsfehler, der Lieferumfang der Zusatzausstattung ist gleich geblieben. Neben dem Glas gibt es einen Trageriemen und eine Bereitschaftstasche. Der Preis für das neue Glas wird im Fachhandel 799 Euro betragen.

Auf dem Papier und der Messe überzeugt das Glas auf den ersten Blick, seine jagdliche Tauglichkeit muss es aber natürlich wie jedes andere Produkt auch erst über einen längeren Zeitraum im Revier beweisen.

Fazit

Beide Produkte zeigen deutlich, dass das Mittelfeld schnellen Schrittes aufholt, es gibt zwar noch deutliches Verbesserungspotenzial insbesondere was Ausstattung angeht (z.B. wäre für das Glas ein Laserentfernungsmesser denkbar), aber qualitative Einbußen, wie sie vor einigen Jahren in diesem Segment noch zu erwarten waren, muss der Käufer nicht mehr fürchten.

Im Artikel am Wochenende werden wir auf zwei andere Trends (die Betrachtung der „modernen“ Waidgerechtigkeit und den Trend zum Systemanbieter) eingehen und einige weitere Produkte der IWA 2017 näher vorstellen.