In einem vorherigen Artikel haben wir Laserentfernungsmesser näher beleuchtet und ihren praktischen Nutzen für die Jagd dargestellt. Er soll uns helfen das Schätzen von Entfernungen zu kontrollieren und uns Handlungssicherheit geben. Doch Technik allein ist nicht alles. Im folgenden Artikel wollen wir einige Methoden zum Schätzen und Bestimmen von Entfernungen darstellen und zeigen, wie man relativ einfach verschiedene Techniken im Revier anwenden kann.

Wieso ist das Entfernungsschätzen so wichtig, wenn Hilfsmittel wie der Laserentfernungsmesser uns die Arbeit erleichtern? Falsch eingeschätzte Entfernungen sind häufig der Grund für einen Fehlschuss, denn zum Bestimmen des Haltepunktes und des Vorhaltes ist die Entfernung zum Ziel die entscheidende Einflussgröße für die Wahl des Haltepunktes und des Vorhaltes. In der Praxis kann es durchaus vorkommen, dass ein technisches Gerät in den wichtigsten Minuten den Dienst versagt. Auch lehnen einige Jäger technische Hilfsmittel ab und verlassen sich auf ihren Instinkt. Generell sollte man immer in der Lage sein, seine Fähigkeiten im Entfernungen schätzen in der Natur anzuwenden und im Anschluss zur Sicherheit mit einem Entfernungsmesser zu kontrollieren.Es gibt viele Methoden derer man sich bedienen kann, um Entfernungen zu schätzen. Zum einen kann man durch den Vergleich von Größenverhältnissen Entfernungen schätzen, zum anderen durch Hilfsmittel, wie Strichplatten, Entfernungen relativ genau bestimmen.

Grundlagen

Beim Schätzen von Entfernungen gibt es einige wichtige Punkte zu beachten. Jeder Mensch bringt unterschiedliche sensorische Fähigkeiten mit sich. Das Schätzen von Entfernungen ist also je nach Veranlagung sehr individuell stark ausgeprägt. Das bedeutet auch, dass bei der Vielzahl an verschiedenen Methoden ein jeder unterschiedlich gut mit den verschiedenen Techniken zurecht kommt. Entfernungen richtig einschätzen zu können, bedarf großer Erfahrung und sollte schon deshalb im Revier immer wieder geübt werden. Von heute auf morgen sind verschiedenste Methoden zwar leicht zu erlernen, jedoch nicht unmittelbar handlungssicher anzuwenden. Darüber hinaus ist das Schätzen von Entfernungen witterungs- und umgebungsabhängig. Durch variierende Bedingungen in der Natur neigt der Mensch schlichtweg dazu Entfernungen falsch einzuschätzen, wobei das Phänomen auftritt Entfernungen zu unter- bzw. zu überschätzen. Die Tabelle soll hier ein Anhalt sein, unter welchen Vorraussetzungen Fehleinschätzungen häufig eintreten. Diese Fehlerquellen muss der Jäger natürlich ebenfalls mit berücksichtigen. Das kennen dieser Fehlerquellen soll dazu dienen sich selbst kritisch zu hinterfragen.

Ab 1200m hört das menschliche Schätzungsvermögen in der Regel auf. Wir werden uns aus jagdlicher Sicht mit weitaus geringeren Distanzen beschäftigen, und die dazu passenden Methoden in den Vordergrund stellen.

Fehlerquellen

Welche Methoden zum Schätzen von Entfernungen gibt es?

Beim Militär verwenden wir im Wesentlichen vier Methoden zum Schätzen von Entfernungen:

  • die Erinnerungsmethode,
  • Vergleich bekannter Größen, Strecken und Entfernungen,
  • halbieren der Strecke
  • Strichplatten und diverse Absehen

Darüber hinaus gibt es verschiedenste Methoden aus, die einige noch aus ihrer Schulzeit kennen dürften:

  • die 10 Meter Methode
  • Additionsmethode
  • Eingabeln
  • Daumensprungmethode

Die Erinnerungsmethode

Die Erinnerungsmethode ist eine der übungsintensivsten Methoden zum Schätzen von Entfernungen. Hierbei kommt es darauf an, dass man zum Üben genau die Ferngläser/ Zielfernrohre benutzt, mit denen man auf die Jagd geht. Zum Üben dieser Methode muss man wie folgt vorgehen:

Man platziert eine DJV Rehbock-Scheibe oder den Keiler auf eine Entfernung von 50m, 100m, 150, und 200m von seinem Hochsitz entfernt. Nun geht man der Reihe nach vor und beginnt damit, die Scheibe auf der Höhe 50m mit dem bloßem Auge, danach mit dem Fernglas und dann mit dem Zielfernrohr zu beobachten. Vor jedem Wechsel des Beobachtungsgerätes notiert man genau, was man mit dem jeweiligen Gerät gesehen hat. Diesen Vorgang wiederholt man für jede Entfernung.

Beobachten Sie auf 100m die Rehbockscheibe, so können Sie mit dem bloßem Auge die Umrisse, Trophäen und den Spiegel klar erkennen. Mit dem Fernglas und dem Zielfernrohr hingegen können Sie genau die Lauscher, eine leichte Graufärbung des Rückens und die Lichter erkennen. Auf 200m können Sie mit dem bloßen Auge nur noch die Umrisse des Bocks wahrnehmen. Mit dem Fernglas und dem Zielfernrohr sehen sie, dass was Sie auf 100m mit dem bloßen Auge gesehen haben.

Wenn Sie dieses Vorgehen genau dokumentieren und in einer stillen Minute vor dem inneren Auge Revue passieren lassen, können Sie bald anhand Ihrer Erinnerungen relativ intuitiv Rückschlüsse auf die Entfernung eines Stückes im Revier ziehen. Der Vorteil dieser Methode liegt ganz klar darin, direkt die Entfernung des Stückes bestimmen zu können, ohne sich unmittelbar mit Hilfspunkten in der Umgebung befassen zu müssen.

Bekannte Strecken

Bei dieser Methode nutzt der Jäger bereits bekannte oder zuvor ausgemessene Strecken, um diese ins Verhältnis zur zu schätzenden Strecke zu setzen. Dazu benötigt man Hilfziele bei denen man die Größe bzw. die Ausdehnung kennt. Als Beispiele wären hier Straßenschilder, Autos, Gebäude, Flüsse oder Bäume zu nennen. Wir haben diese Methode oft im Ausland angewendet, wenn man mit der Landschaft nicht vertraut war. Somit haben wir auf Bekanntes zurückgegriffen.  Ähnlich kann man es auch im eigenen Revier machen. So kann man die Größen von Schranken, Straßenschildern, Gebäuden, Hochsitzen und Kanzeln in seinem Revier ausmessen und hat somit viele Referenzgrößen zur Entfernungsschätzung. Diese Referenzstrecken dienen dann als Anhalt um von einem bestimmten Punkt aus Entfernungen besser einschätzen zu können. Im Wald bieten sich hierfür beispielsweise kräftige, mindestend unterarm dicke Baumstämme an. Besonders bei kleineren Entfernungen ist die Methode relativ zuverlässig.

Halbieren der Strecke

Bei dieser Methode macht man sich die Tatsache zum Nutzen, dass kleine Entfernungen besser eingeschätzt werden können als große. Möchte man eine Entfernung schätzen, so schätzt man lediglich die Hälfte der Strecke und verdoppelt den Wert. Dazu bietet es sich an, sich einen Hilfspunkt in der Mitte der Strecke im Gelände zu wählen. Dabei ist es von Vorteil, wenn man diesem einer festen Größe zuordnen kann. Als Beispiel wäre hier ein unterarm starker Baumstamm eine gute Wahl. So kann man die Methode bekannter Strecken mit der Methode des Halbieren kombinieren. Denn ein Fehler beim halbieren der Strecke hat zur Folge, dass die falsch eingeschätzte Entfernung durch das Verdoppeln ebenfalls mitberechnet wird. Somit wird ebenfalls der bereits geschätzte Fehler der halben Strecke verdoppelt.

Die Strichplatte

Beim Militär sind die meisten Optiken mit Strichplatten versehen. Diese ermöglichen Entfernungen genauer einzuschätzen. Auch auf den zivilen Markt werden Optiken mit Strichplatten angeboten. In der Gestaltung der Strichplatten gibt es diverse Gestaltungsmöglichkeiten. Üblicherweise  richtet sich die Anzeige nach jeweils einem Strich. Das Strichmaß leitet sich aus dem Schweizer Artilleriepromill ab und beschreibt eine Strecke von 10cm auf 100m, eine Strecke von 20cm auf 200m, usw. Das Ermitteln von Entfernungen mit Strichplatten, oder beispielsweise einem MilDot-Absehen gestaltet sich dabei gleich. Zu beachten ist dabei jedoch, dass das Absehen und die Strichplatte in der 1. Bildebene liegen müssen und damit ebenfalls mitvergrößern, wenn variable Vergrößerungen verwendet werden.

Entfernungsschätzen Asehen 1
Formel

Bei der Methode muss ein Hilfsziel in der Größe bekannt sein, so dass man eine bekannte Strecke in das Verhältnis zum Strichbild setzen muss. Dabei legt man das Absehen über das bekannte Hilfsziel oder gar Ziel und prüft, wie viel Strich im Absehen abgedeckt werden. Als Maßeinheit nutzt man Meter. Man berechnet nun die Entfernung indem man die Größe des Hilfszieles durch die abgedeckten Strich im Absehen teilt und im Anschluss mal 1000 multipliziert. Das Ergebnis bildet die Entfernung in Meter. Das Schaubild soll die Formel anhand eines Beispieles verdeutlichen.

Die 10 Meter Methode

10 Meter lassen sich von fast allen Menschen relativ genau einschätzen, bzw. sogar abmessen. Für jagdliche Distanzen lassen sich nun diese relativ genau abgeschätzten 10m mehrmals aneinanderreihen. Man schätzt demnach von Punkt zu Punkt immer nur 10m und mulipliziert diese 10m mit der Anzahl dieser Abschätzungen, bzw. addiert bei jeder Schätzung lediglich 10m hinzu. Besonders eignet sich diese Methode für relativ kurze Entfernungen und im Wald.

Additionsmethode

Diese Technik funktioniert ähnlich, wie die 10 Meter Methode. Lediglich die Länge der Strecke ist dabei variabel. Man schätzt demnach nur relativ kurze Entfernungen von Punkt zu Punkt und addiert diese kleinen Entfernungen zusammen, so dass man letztendlich die Gesamtstrecke erhält. Dazu benötigt man auf der Gesamtstrecke mehrere Hilfsziele als Zwischenpunkte. Von Punkt zu Punkt werden nach und nach die Entfernungen geschätzt. Auch hier bietet es sich an Punkte zu identifizieren, deren Ausmaße bekannt sind, so dass man diese bekannten Strecken beim Schätzen wieder in Relation zur zu schätzenden Strecke setzen kann. Auch diese Methode kann im Wald oder im durchschnittenen Gelände sehr erfolgversprechend sein.

Eingabeln

Das Eingabeln hingegen eignet sich eher für größere Distanzen und im Gelände, in dem man relativ wenig Hilfsziele und bekannte Strecken findet. Besonders in der Feldmark ist diese Methode zu empfehlen. Man wähle sich dazu ein Hilfsziel in einiger Entfernung. Nun schätzt man wie weit sich dieses Ziel maximal entfernt befinden könnte. Als nächstes schätzt man die gleiche Entfernung erneut, schätzt nun aber wie weit das Ziel mindestens entfernt zu sein scheint. Aus beiden Entfernungen bildet man nun einen Mittelwert. Zu dieser Methode sei gesagt, dass sie nur dann sinnvoll erscheint, wenn man die Entfernung im Anschluss überprüfen kann, oder ein Referenzwert existiert, mit dem man diesen ungenauen Wert noch weiter eingabeln kann. Im offenen Gelände lässt sich diese Methode in Verbindung mit einem Laserentfernungsmesser allerdings sehr gut trainieren. Im Hochgebirge, wo leicht Entfernungen von über 300m bei der Jagd auftreten können, ist die Methode allerdings sehr hilfreich.

Daumensprungmethode

Diese aus dem Matheunterricht bekannte Methode ist relativ bekannt und durchaus auch für jagdliche Zwecke nutzbar. Auch hier benötigen wir ein Hilfsziel dessen Größe relativ gut zu bestimmen ist und sich in gleicher Entfernungn wie das Ziel befindet (sollte die Ausdehnung des Ziels bekannt sein so nutze man dies). Als Beispiel wählen wir hier einen Waldweg, der in etwa 2m breit ist. Breiten oder Höhen von kurzer Distanz lassen sich insgesamt einfach schätzen. Nun nehme man den ausgestreckten Arm und peilt mit dem Daumen das Hilfsziel an. Man schließe das linke Auge und peile mit dem offenen rechten Auge über den Daumen das linke Ende des Hilfszieles an. Danach schließt man das rechte Auge und peilt ohne den Daumen zu verschieben mit dem offenen linken Auge auf das Hilfsziel. Durch den Augenabstand hat der Daumen einen Sprung nach rechts gemacht. Anhand des Hilfszieles (hier 2m breiter Waldweg) können wir nun schätzen, wie weit der Daumen versprungen ist und multiplizieren diesen Wert mit 10. Das Ergebnis ist die Entfernung zum Ziel. Nehmen wir an der Daumen ist in diesem Beispiel gemessen am Waldweg um einen 8 Meter versprungen: so beträgt die Entfernung zu diesem Ziel 80m.

Zusammenfassung

Zum Schluss sei folgendes erwähnt: Das Schätzen von Entfernungen ist eine der schwierigsten Übungen für den Jäger. Nur durch ständiges Training kann man davon sprechen, dass man das Schätzen beherrscht. Also zwingen Sie sich, bei jedem Ansitz, Schätzübungen zu machen oder trainieren Sie mit einem Freund auf die zuvor beschriebenen Arten das Schätzen von Entfernungen. Vermessen Sie Referenzentfernungen und Größen in Ihrem Revier und nutzen Sie diese Punkte ständig als Anhalt, um die Entfernungen zu schätzen. Jagdlich empfehlen wir: Schätzen Sie zuerst die Entfernung nach einer der oben genannten Methoden und überprüfen Sie dann ihr Ergebnis mit dem Laserentfernungsmesser, um wirklich sicher zu gehen.

Um den Kreis zu schließen und die Frage aus der Einleitung zu beantworten: Ja, man kann das Schätzen von Entfernungen erlernen und bis zur Perfektion vertiefen. Dies erfordert zwar jahrelanges Training, dem Jäger aber werden diese Fähigkeiten auf der Jagd sehr nutzen.

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