(WG) Die Gefahr der nahenden afrikanischen Schweinepest (ASP) für den heimischen Nutztierbestand sorgt für aufgeregte Stimmungen bei Bauern, Fleischverarbeitungsindustrie und somit auch in den einzelnen Landwirtschaftsministerien der Länder. Die neusten Diskussionen betreffen Baden Württemberg. Während das Ministerium sich für den Einsatz von Nachtzieloptiken für die Wildschweinbejagung ausgesprochen hat und dafür auch in Berlin werben möchte, hat der Landesjagdverband sich strikt dagegen ausgesprochen.

Wir Jäger sind Menschen und Menschen neigen zu Emotionen, daher ist es nicht verwunderlich, dass die Debatte recht hitzig ausgetragen wird. Die wenigsten machen sich die Mühe sich mit den einzelnen Gesichtspunkten der unterschiedlichen Standpunkte auseinanderzusetzen. Die ASP betrifft mehrere Bevölkerungsgruppen mit teilweise unterschiedlichen Interessen. So ist bisweilen sogar zu vernehmen, dass bei bestätigter ASP ganze Mastschweinbetriebe gekeult werden müssten und die Jagd aufs Schwarzwild für mehrere Jahre ausgesetzt werden würde, was wiederum verheerende Wildschäden für den Pflanzenanbau und somit weitere Bauern betreffen könnte. Träfe dies zu wäre unter Umständen sogar ganz Deutschland davon betroffen, da wir alle es spätestens als Verbraucher an der Supermarktkasse Spüren würden. Doch genug der Schwarzmalerei, die ASP ist in der Ost-EU da und bestätigt, untergegangen sind diese Länder nicht und so wird auch die Bundesrepublik damit leben lernen.

Waidgerechtigkeit

Nichtsdestotrotz, die Thematik liegt auf dem Tisch und muss daher diskutiert werden, vielleicht werden ja Möglichkeiten gefunden diese Aufzuhalten oder zumindest die Folgen der ASP zu mildern.

Aus unserem Selbstverständnis als deutsche Jäger ist für uns die Waidgerechtigkeit heilig und daher auch nicht diskutabel. Jedoch wird dieser sehr oft als Totschlagargument ins Feld geführt, selbst wenn sie gar nicht betroffen oder gefährdet ist.
Genau dies können wir bei der Diskussion um Nachtzieloptiken beobachten. Reduziert auf einen einzigen Kern bedeutet Waidgerechtigkeit beim Einsatz der Schusswaffe lediglich eins: Der selektive Einsatz des Abzugfingers! Wenn man sich unsicher ist was man da vor der Büchse hat, Finger gerade lassen. Wenn die Wildtierpopulation bedroht ist, die Büchse am besten gleich im Waffenschrank lassen.
Nur weil man mit einem Schalldämpfer, einem Leuchtabsehen oder einem Wärmebildgerät jagt, wird man nicht automatisch unwaidmännisch. Auch im Lodenmantel und Drilling kann man die Waidgerechtigkeit genau so beachten oder missachten wie eben mit den neusten technologischen Errungenschaften auch.

Denn die Jagd, so wie sie vor 200, 100 oder 50 Jahren praktiziert wurde, kann heute nicht mehr zu den gleichen Ergebnissen führen, dazu hat sich das Landschaftsbild, unsere Gesellschaft und auch das heimische Wild zu stark verändert. Darauf müssen auch wir als Jäger reagieren.
NRW hat dazu erst vor wenigen Tagen ein Papier erlassen in denen die Jagdbehörden gebeten werden die Schonzeiten für die Schwarzwildbejagung, mit Ausnahme der führenden Bachen (mit gestreiften Frischlingen), aufzuheben. Auch dies wird durch viele Jäger prompt zur Empörung genommen und die Waidgerechtigkeit als Argument dagegen ins Feld geführt. Dabei wird die Konsequenz dieser Aussage nicht bis zum Schluss bedacht. Denn träfe dies zu, würde dies bedeuten, dass die Jagd in den Bundesländern ohne Schonzeiten fürs Schwarzwild schlichtweg unwaidmännisch wäre! Aber genau aus diesen Ländern können wir mehrere Lehren ziehen:

  1. Die Waidgerechtigkeit ist nicht bedroht, denn diese wird nicht durch Erlasse und Gesetzte sondern durch uns Jäger definiert und gelebt. Es gibt keinen Zwang zur Jagd, und daher auch keinen Zwang zur unwaidmännischen Jagd.
  2. Die Aufhebung der Schonzeiten reicht nicht aus, um die ständig wachsende Schwarzwildpopulation in den Griff zu bekommen. Was man unter anderem daran sieht, dass diese Länder weitere Maßnahmen einführen (künstliche Lichtquellen, Sauenfänge, Abschussprämien,…) um die Populationen auf ein gewünschtes Niveau zu senken.

Die Vorzüge der Nachtzieloptiken

Nachtzieloptiken sind nichts anderes, als Nachsehoptiken, also Restlichtverstärker und Wärmebildgeräte, die nicht nur zur Beobachtung, sondern auch zum Zielen und zur Schussabgabe genutzt werden können.

Der Wert der Nachtsehoptiken beim Ansprechen ist unbestritten. Sie ergeben, insbesondere bei schlechten Sichtverhältnissen, ein deutlich besseres Bild als es herkömmliche Optiken, selbst 56er Prämiumgläser, es vermögen.
Da stellt sich nun einem schnell die Frage, wieso ist es gut, wenn es einem gesetzlich erlaubt ist deutlich Ansprechen zu können, aber man gleichzeitig bei der Schussabgabe ein qualitativ deutlich schlechteres Bild tolerieren muss? Der Qualität des Schusses, also der Zielgenauigkeit, wird damit sicherlich nicht geholfen. Aber ist nicht gerade ein zielgenauer Treffer, der das Leiden des Wildes minimiert, nicht waidgerecht?
Hinzu kommt, dass die herkömmliche Nachtjagd extrem stark von den natürlichen Lichtverhältnissen, also den Mondphasen in Kombination mit dem Wetter (Wolken), abhängt. Dies führt dazu, dass Schwarzwild vielerorts tagsüber nur während Drückjagden und in wenigen Nächten bejagt werden kann. Ist man in diesem Zeitpunkt krank oder hat man andere Verpflichtungen, werden die brauchbaren Nächte ganz schnell noch weniger.

Dieses Problem kann durch Nachtzieloptiken teilweise gelöst werden, weil es die Anzahl der jagdbaren Nächte deutlich erhöht. Damit kommt neben der qualitativen auch eine quantitative Steigerung der Nachtjagd hinzu.
Last but not least gibt es noch einen weiteren Pluspunkt. Nachtzieloptiken sind freiwillig. Keiner ist gezwungen sich diese zu kaufen oder diese einzusetzen. Keiner ist damit gezwungen weitere oder mehr Schüsse anzutragen. Wenn man es nicht will, lässt man es eben sein.

Lehren aus dem Ausland

Da der Einsatz von Nachtzieloptiken im Ausland, auch im deutschsprachigem, oftmals erlaubt ist, sind auch die Folgen gut dokumentiert. Nirgendwo wurde die Schwarzwildpopulation ausgerottet. Auch der systematische Missbrauch lässt sich nicht nachweisen. Legale Waffenbesitzer setzten auch die Nachtsichtgeräte nur zu legalen Zwecken ein und Kriminelle scheren sich nicht um Gesetze oder Jagdkultur. Diese jagen und wildern auch heute schon, da diese Geräte sehr einfach im EU Ausland bezogen und nach

Deutschland verbracht werden können. Genauso wie mit der Beschränkung der Patronenanzahl in der Selbstladebüchse oder dem Verbot Reh mit Schrot zu Bejagen hängt es alleine von dem Jäger ab, ob man sich bietende Möglichkeiten missbraucht oder nicht. Und da deutsche Jäger verantwortungsbewusst mit den Ihnen zugegestandenen Rechten umgehen, kann man auch guten Glaubens darauf vertrauen, dass diese auch mit Nachtzieloptiken vertrauensvoll umgehen werden. Und diejenigen die diese nicht möchten, brauchen diese auch nicht zu nutzen, sie sollten aber dem Rest der Jägerschaft nicht im Wege stehen, denn eine Nachtzieloptik macht aus einem Jäger keinen Wilderer oder Schädlingsbekämpfer. Ob man waidgerecht ist oder nicht entscheidet nicht die Technik, sondern wie man diese einsetzt!

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