Mit dem Wissen und dem Können auf hundert Meter einen präzisen Schuss abzugeben, wollen wir nun einen Schritt weiter gehen und überprüfen, wie weit man persönlich schießen kann bzw. wo die persönlichen Grenzen liegen. Hierzu werden wir im folgenden Artikel erläutern, wie Sie eine Schusstafel für Ihre Waffe erstellen und vor allem, welche Schlüsse Sie aus dieser Schusstafel ziehen können.

Das Schlimmste, was auf der Jagd passieren kann, ist die Verwundung des Wildes. Meist resultieren die Krankschüsse aus einer falsch eingeschossenen Waffe oder einer falsch eingeschätzten Entfernung zum Wild. Wie man die Entfernung richtig schätzt, haben wir bereits erklärt, ebenso haben wir die Frage geklärt, wie man seine Waffe richtig einschießt. Allerdings haben wir noch nicht erklärt, wie sich die Geschossflugbahn bei meiner individuellen Waffen-Munitions-Kombination darstellt. Zur Abhilfe ist es häufig sehr angebracht, einen Tag auf dem Schießstand zu investieren und eine Schusstafel für die eigene Waffe zu erstellen.

Wie erstelle ich eine individuelle Schusstafel?

Die Grundvoraussetzung für das Erstellen einer Schusstafel über die Entfernung von 100 Meter hinaus ist, dass Sie gut auf 100 Meter treffen; als Maß haben wir im letzten Artikel, einen Streukreis von unter 2,9 cm auf 100 Meter definiert. Sollte diese Voraussetzung erfüllt sein, kann man dazu übergehen eine Schusstafel bis ca. 200 Meter zu planen und zu erschießen.

Auf der Packungsbeilage Ihrer Munition sind meistens bereits die ballistischen Daten für die Munition enthalten. Diese sind oft sehr hilfreich, allerdings wissen Sie nicht welche Waffe der Munitionshersteller für die Ermittlung der Daten benutzt hat und somit können Sie nicht sicher davon ausgehen, dass die Daten mit Ihrer Waffen-Munitions-Konfiguration übereinstimmen. Der einfachste Weg die Daten zu überprüfen oder eigene Daten zu gewinnen, ist es, die Daten selber zu erschießen. Gehen Sie dabei folgendermaßen vor:

  1. Schießen Sie die Waffe 4 cm hoch auf 100 Meter ein.
  2. Nun erstellen Sie auf den Entfernungen 50m, 75m, 100m, 125m, 150m, 175m und evtl. 200m je ein Schussbild auf je einem DIN A4-Blatt (als Hilfe können Sie sich ein Haltepunkt auf das A4-Blatt zeichnen) mit dem 100-Meter-Haltepunkt. Oder Sie verwenden eine Anschusstafel der Firma Champion.
  3. Danach machen Sie eine graphische Auswertung für jede Schussgruppe, sprich Sie ermitteln den mittleren Treffpunkt der Schussgruppe und ziehen mit einem Zirkel einen Kreis um die Schussgruppe und messen den Abstand zum 100-Meter-Haltepunkt.
  4. Im Anschluss beginnen Sie damit die Daten auf einen Tapetenrücken zu übertragen. Hierzu zeichnen Sie ein X-Y-Koordinatensystem im Verhältnis eins zu fünf der Schussentfernung (geht auch kleiner) auf den Tapetenrücken. Die X-Achse entspricht Ihrer Visierlinie.
  5. Zeichnen Sie auf der Y-Achse Ihre Mündung ein, indem Sie Ihre Montagehöhe auf der Y-Achse nach unten abtragen. Zusätzlich tragen Sie auf der X-Achse die Entfernungen ein.
  6. Nun markieren Sie die Ablage auf den verschiedenen Entfernungen und kleben die beschossenen DIN A4-Blätter mit dem mittleren Treffpunkt auf die markierten Ablagen.
  7. Danach ziehen Sie eine Verbindungslinie zwischen dem mittleren Treffpunkten und Sie erhalten graphisch Ihre individuelle Geschossflugbahn und die dazugehörigen Trefferbilder.

Welche Schlüsse kann ich aus der graphischen Auswertung ziehen?

Die graphische Auswertung Ihrer Schießergebnisse enthält die wichtigsten Erkenntnisse über Ihre Waffe und Ihre Schießfertigkeiten. Sie können erkennen, mit welcher Ablage die Waffe auf den verschiedenen Entfernungen trifft, und daraus können Sie Ihre Point-blank range ableiten. Zudem erfahren Sie mehr über Ihre Schiessfertigkeiten, indem Sie die Streukreise auf den unterschiedlichen Entfernungen nun auch visuell beurteilen können.

Wir haben diese Schusstafeln für unsere eigenen Waffen bereits angefertigt, allerdings sind dies schlechte Beispiele, weil diese Waffenkonfigurationen in der jagdlichen Realität selten vorkommen. Wir gehen im Folgenden von einer Waffe eines Bekannten aus, diese hat einen 55cm Lauf und das Kaliber .308 Win mit sechs cm Montagehöhe. Unser Bekannter ist ein ordentlicher Schütze und die Daten wurden auf einem Bundeswehrschießstand mit 300m Länge und windgeschützt ermittelt.

Schusstafel

Gehen wir von einer Trefferzone bei einem Reh von ca. 24 cm aus, so stellen sich die Ergebnisse der erstellten Schusstafel folgendermaßen dar. Auf der Entfernung von 50m schneidet das Projektil das erste Mal die Visierlinie von unten nach oben und wir haben einen Streukreis von knapp zwei cm. Das heißt im schlimmsten Fall treffen wir auf der Entfernung von 50m zwei cm neben dem Punkt, auf den wir gezielt haben. Bei einer Entfernung von 75m läge dieser am weitesten vom Zielpunkt entfernte Treffer bei vier cm, bei 100m wären es 6,9cm. Hier fängt es langsam an, dass die Streuung an die Grenzen der jagdlichen Vernunft gerät. Wir haben die Waffe vier cm hoch auf 100m eingeschossen, dazu kommt noch die Schützenstreuung von 2,9 cm; das heißt im schlechtesten Fall liegt der Treffer 6,9cm oberhalb des Punktes, den man anvisiert hat. Das Reh hat zwar ungefähr eine Trefferzone von 24cm (12cm oberhalb und 12cm unterhalb der Visierlinie) aber mit der bereits sehr guten Streuung von 2,9cm auf 100m geht man in Richtung der oberen Toleranzgrenze für einen waidgerechten Schuss.

Noch gravierender sind die Ergebnisse ab einer Schussentfernung von 150m. Bereits ab einer Entfernung von 150m hat man die untere Toleranzgrenze für das Schießen auf ein Reh erreicht, darüber hinaus kann selbst ein guter Schütze mit dem durchgehenden Visierbild nicht mehr einen waidgerechten Schuss ansetzen. Um dies zu verdeutlichen haben wir die nebenstehende Grafik erstellt. Aus dieser Grafik können Sie entnehmen, wie die Treffer auf den Entfernungen 100m, 150m und 200m bei einem durchgehenden Visierbild auf dem Wildkörper liegen. Auf 100m würde man das Reh knapp unter der Wirbelsäule treffen, auf 150m im schlechtesten Fall knapp unterhalb des Brustkorbes und auf 200m im besten Fall knapp unterhalb des Brustkorbes. Diese Grafik soll zusätzlich veranschaulichen, wo die Grenzen eines waidgerechten Schusses selbst bei einem guten Schützen liegen.

Neben der Darstellung Ihrer Geschlossflugbahn können Sie der Schusstafel die Point-blank range Ihrer Waffe entnehmen. Hierzu zeichnen Sie die obere Grenze zusätzlich parallel zur X-Achse als Tangente des Scheitelpunktes der Geschossflugbahn ein. Die untere Grenze verläuft ebenfalls parallel zur X-Achse, diese zeichnen Sie als Tangente des Streukreises Ihrer Schussgruppe, die gerade noch den jagdlichen Toleranzbereich einhält. Zur Verdeutlichung haben wir die beiden nebenstehenden Grafiken angefertigt. Die obere Grafik zeigt den Verlauf der Geschossflugbahn durch Wildkörper auf verschiedenen Entfernungen. Die untere Grafik zeigt, wie die Treffer am oberen bzw. unteren Toleranzbereich auf dem Wildkörper liegen würden, wenn man mit dem normalen Haltepunkte anhält.

Trefferlage Reh
Point-blank range Reh II
Point -blank range Reg

Fazit

Nehmen Sie sich einfach mal die Zeit und investieren Sie in eine Schusstafel für Ihre Waffe. Die Erkenntnisse, die Sie aus dieser Schusstafel ziehen können sind sehr wertvoll für Ihren jagdlichen Alltag und werden Ihnen vielleicht falsche Entscheidungen ersparen. Wenn Sie ein umfangreiche Ausbildung zu dem Thema haben wollen, können Sie auch gerne in Gasti’s Online Akademie vorbeischauen. Dort bietet Gasti den ultimativen Kurs zum Thema Schießen auf 300m an, zum Kurs geht’s hier lang: https://moderne-schiesslehre.thinkific.com/courses/der-waidgerechte-schuss-auf-weite-distanzen Mit dem rabttcode: DJB2022 erhaltet Ihr 15% Rabatt auf alle Produkte.

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